Schweiz
Piratenpartei setzt sich für digitale Grundrechte und Datenschutz ein
Cemil Baysal
Die Piratenpartei engagiert sich für die Förderung der «Digitalen Integrität» und verzeichnet einen Erfolg im Kanton Genf.
Monica Amgwerd, Generalsekretärin der Piratenpartei, erläutert in einem exklusiven Interview mit der Zeitung 20min die Hintergründe und Ziele der neuen Initiative für digitale Integrität.
Die Piratenpartei setzt sich aktiv für eine «menschenfreundliche Digitalisierung» ein und kämpft dabei sowohl für mehr Transparenz als auch für verstärkten Datenschutz. Aktuell fokussiert sie erfolgreich auf Letzteres.
Im Juni 2023 wurde die Initiative für «Digitale Integrität» im Kanton Genf mit beeindruckenden 94 Prozent Zustimmung angenommen, ein äußerst deutliches Ergebnis. Nun plant die Piratenpartei eine ähnliche Initiative im Kanton Zürich, mit der Unterschriftensammlung, die am Montag beginnt. Innerhalb von sechs Monaten müssen 6000 Unterschriften gesammelt werden.
Das Ziel der Initiative ist es, mithilfe eines Internet-Grundrechts die Vor- und Nachteile der Digitalisierung auszubalancieren, betont Monica Amgwerd (38), Generalsekretärin der Piratenpartei. Dabei werden Forderungen wie das Recht auf Vergessenwerden aufgestellt, besonders relevant in Zeiten, in denen künstliche Intelligenz Bewerbungsverfahren beeinflusst.
Recht auf Vergessenwerden: Wer mit 20 Jahren Bilder auf Facebook postet, soll mit 40 nicht mehr darauf behaftet werden. Doch das ist schwierig, wenn im Bewerbungsverfahren die Interessenten mit künstlicher Intelligenz sortiert werden. In Grossunternehmen ist das heute normal. Die Spur, die jemand im Internet hinterlassen hat, entscheidet über Zu- oder Absage. Somit könnte eine Bewerberin, die in ihrer Jugend unvorteilhafte Informationen teilte, heute durch den Einsatz von KI im Bewerbungsprozess benachteiligt werden.
Recht auf ein Offline-Leben: An manchen Haltestellen könne man mit Bargeld keine Tickets mehr kaufen, sagt Monica Amgwerd. Wer nur Bargeld hat, etwa Kinder oder ältere Personen, ist verloren. Der Mensch müsse das Recht haben, das Leben ohne Internet zu bewältigen: Bankkonto, Patientendossier, Austausch mit den Behörden. Es gehe auch um ganz einfache Dinge: um das Recht, beim Anruf bei der Bank oder beim Telefon-Anbieter von einem Menschen bedient zu werden, nicht von einem Sprech-Roboter. Ein Beispiel hierfür wäre, dass an bestimmten öffentlichen Verkehrshaltestellen nur digitale Zahlungsmethoden akzeptiert werden, was besonders für diejenigen zum Problem wird, die nur Bargeld haben.
Nutzung und Verweigerung des Internet-Angebots: Jeder solle das Internet-Angebot nutzen können, aber jeder solle auch Nein sagen dürfen. «Heute ist das nicht gewährleistet. Der Bürger ist den Datenkraken schutzlos ausgeliefert.» Daten würden gesammelt, verkauft, verwendet – wirksame Regeln gebe es nicht. Beispielsweise könnte jemand gezwungen sein, digitale Dienste zu nutzen, ohne die Möglichkeit zu haben, diese abzulehnen, was zu einem schutzlosen Zustand gegenüber Datenmissbrauch führt.
Monica Amgwerd, Expertin in Germanistik, Film und Philosophie sowie ehemalige Film- und Regiestudentin an der ZHdK, setzt ihre Expertise als Aktivistin ein. Inspiriert durch ihre Mutterschaft und das Bewusstsein für die Auswirkungen der digitalisierten Welt auf ihre Kinder, wurde sie politisch aktiv.
Ihre politischen Aktionen spiegeln ihre Überzeugung für Umweltschutz und gegen Ressourcenverschwendung wider. Die Piratenpartei befindet sich laut Monica Amgwerd im Wandel, weg von einem kleinen Informatiker-Nerd-Kern hin zu einer vielfältigeren Organisation.
Die Piratenpartei setzt sich also nicht nur für digitale Grundrechte ein, sondern verkörpert auch selbst einen Wandel in der Art und Weise, wie sie agiert und mit Daten umgeht. Die Forderungen nach Datenschutz und digitalem Gleichgewicht spiegeln ihre eigene Vorsicht im Umgang mit persönlichen Informationen wider.